Mit dem Zug fuhren wir am Donnerstag nach Prag (EC 171, vorherige Platzreservierung notwendig inkl. internationale Fahrradkarte, Ankunft 11.24 Uhr). Im gebuchten Garni-Hotel in der Prager Altstadt stellten wir die Räder unter und starteten gleich unsere Erkundungstour zu Fuß – über den Altstadtplatz, die Karlsbrücke, die Prager Burg und das Goldene Gässchen. Zwischendurch ließen wir uns Kaffeespezialitäten schmecken und probierten auch die knusprigen Zucker-Zimt-Kringel mit dem Zungenbrecher-Namen „Trdelník”, der original aus Siebenbürgen stammt (und keine böhmische Spezialität ist, wie der Verkäufer behauptete). Aber gerade in Prag ist der Baumstriezel sehr populär geworden und sollte an mehreren Ständen probiert werden, denn die Prager Bäcker sind genauso einfallsreich wie die Dresdner bei ihrem Christstollen… Wir genossen den Teigzylinder auch mal mit Vanilleeis gefüllt! Am Abend kehrten wir in ein gemütliches Altstadtlokal ein, wo wir natürlich Knödel zu Gulasch und Kraut sowie tschechisches Bier bestellten. Zuvor allerdings gab es noch einen kulturellen Genuss – ein Konzert in der St. Clement-Kirche: Bei unserem Nachmittagsbummel wurden wir an mehreren Kirchen auf Konzerte mit „Hits“ aus klassischen Werken aufmerksam gemacht, und spontan hatten wir Karten für eines dieser einstündigen Konzerte gekauft – und das nicht bereut! Genau so wenig wie unseren Spaziergang über die nächtliche Karlsbrücke – dort verkauften die Künstler immer noch ihre Bilder – mit dem Blick auf den angestrahlten Hradschin. Die Geschäfte waren um 23 Uhr noch geöffnet, und die vielen Menschen auf den Plätzen und in den engen Gassen verbreiteten eine ansteckende Fröhlichkeit! Also nochmal in einen Biergarten, wo sogar ein Gitarrenspieler live für Unterhaltung sorgte. Am nächsten Tag stand uns mit reichlich 85 km die längste Etappe von Prag bis Steti, 15 km von Melnik entfernt, bevor. Eigentlich wollten wir in Melnik übernachten, aber gerade an diesem Wochenende fand dort das große Weinfest statt, es gab kein freies Bett mehr…
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In Prag folgten wir der Empfehlung des bikeline-Radtourenbuches „Elbe-Radweg, Teil 1“ (Ausgabe 2014), die am rechten Moldau-Ufer entlang führt, etwas länger als die Hauptroute, dafür aber fast verkehrsfrei ist. Kurz vor dem Zoo stießen wir wieder auf Hauptroute des Moldauradweges, der sehr gut ausgeschildert ist (A2) und sich gut fahren ließ, auch ohne streckenweise Asphaltierung. Im stilvollen Restaurant KOTVA in Kralupy, direkt an der Moldau, stärkten wir uns zur Mittagszeit (sehr lecker!). Auf der geplanten Strecke luden mehrere Schlösser und Parkanlagen zur Besichtigung ein, aber angesichts unseres Tagespensums bummelten wir lediglich durch den Barockgarten von Schloss Veltrusy, zu dem uns der Radweg durch wunderschöne Alleen führte.
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In Bukol überquerten wir die Moldau mit der Fähre und fuhren dann am linken Ufer der Moldau entlang (abweichend von der rechtsseitigen Hauptroute und lt. Empfehlung von bikeline). Weiter ging es durch schöne Auenlandschaften mit einem kurzen Stopp an der historischen Schleuse von 1905 in Horin und dem Blick auf die Burg Melnik.
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Da die Melniker Brücke gesperrt war, brachte uns eine Fähre kostenfrei an das rechte Elbufer, wo wir der Altstadt Melniks einen Kurzbesuch abstatten wollten. Die Räder schoben wir den ansteigenden Weg unterhalb des Schlosses mit seinem Weinberg, wobei wir auch auf die Mündung der Moldau in die Elbe schauen konnten. Das Melniker Weinfest fand offensichtlich auf dem Schlossareal statt, was 200 Kronen Eintritt/Person gekostet hätte (8 €, die sich für 45 Minuten nicht lohnten). So streiften wir durch die Altstadt voller Fuhrgeschäfte und Verkaufsbuden (Süßigkeiten, Speisen, kein Wein!) und traten schließlich mit zwei 1,5-Liter-Flaschen Federweißem die „Flucht“ vor dem lauten Volksfest an. Das reizvolle Ortszentrum von Melnik mit dem Prager Tor aus dem Jahr 1500 als Teil der Stadtbefestigung, die tolle Aussicht auf die Stadt und den Besuch von Schloss Lobkowicz mit seinem Weinkeller aus dem 14. Jh. mussten wir uns für den nächsten Besuch vornehmen – dann garantiert nicht zur Weinfestzeit! Nach der Überquerung der nächsten Brücke fuhren wir auf der linken Elbseite weiter. Inzwischen war es nach 19 Uhr und die Fahrradbeleuchtung wies uns den Weg auf dem tadellos ausgebauten Elberadweg bis zur Stadt Steti. Unser Hotel (Sporthotel Skif Labe Arena Racice; 60 €/Doppelzimmer inkl. Frühstück) lag direkt an der Regattastrecke der Elbe im Ortsteil Racice auf der gleichen Elbseite.
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Der nächste Tag hatte den Ort Svadov kurz nach Usti nad Labem zum Ziel. Gestärkt nach einem reichhaltigen Frühstück draußen in der wärmenden Sonne starteten wir unsere Tour um 10 Uhr. Wir blieben auf der linken Elbseite (keine Brückenüberfahrt in Roudnice nad Labem) als ruhigere Alternative zur Hauptroute. In Theresienstadt fehlte uns die Zeit zum Besuch der Gedenkstätte. Stattdessen fuhren wir auf unbefestigtem Weg entlang des Flüsschens Ohre in Richtung Elbe und machten Pause an einem sehr schön gestalteten Gedenkplatz mit einer Sandsteinsäule. An diesem Ort ließen die Nazis im November 1944 die Asche von 22.000 jüdischen Opfern aus dem Ghetto Theresienstadt in die Ohre werfen. Nach der Brückenüberquerung streiften wir zu Fuß mit den Rädern über den Marktplatz von Litomerice – auch hier steppte der Bär! Das hiesige Weinfest mit handwerklichem Jahrmarkt, Gesang, Tanz und Ritterturnier, mit Buden und Bühnen auf dem ganzen Platz war ganz bestimmt einen längeren Besuch wert. Aber wir ließen das Getümmel hinter uns mit dem Vorhaben, die sehenswerte Stadt nochmals zu besuchen. Wir fuhren weiter auf der rechten Elbseite, wo wir auf das Weingut „Mikulenkovi“ in Velké Žernoseky stießen und einkehrten (leckerer Zweigelt, zwei Flaschen mitgenommen, Essen: u. a. Palatschinken mit Frischkäse- und Schinkenspeckfüllung, Gulaschsuppe). Kurze Zeit später sollte das Böhmische Tor, das nur wenige Meter von der Hauptroute entfernt liegt, ein Fotomotiv bilden. Leider verpassten wir das „Porta Bohemica“, den engen Eintritt der Elbe am Ende des Böhmischen Beckens ins Böhmische Mittelgebirge. Nun ließen wir uns den Fahrtwind auf der landschaftlich traumhaften Strecke entlang der Elbe wehen.
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Mit dem Blick auf die 100 m über uns thronende Burgruine Schreckenstein überquerten wir die Schleusenanlage in Strekov. Dabei mussten die Männer die Räder mehrmals über die Treppenanlage tragen bzw. über Schiebeschienen hinunterbefördern (Alternative: Fahrt auf verkehrsreicher Straße). Seit 1936 bändigt das Doppelkammer-Schleusen-Kraftwerk der gewaltigen Masaryk-Schleuse die Elbe am Elb-Kilometer 92. Weiter ging es rechtselbisch, an der markanten modernen Brücke Dr.-E.-Benese vorbei, ohne Stopp in der Stadt Usti nad Labem auf der linken Elbseite. Nach einer nochmaligen Einkehr in einem Biergarten direkt an der Elbe erreichten wir Svadov um 17.45 Uhr. Unsere Pension unweit des Elberadweges war gut ausgeschildert (Penzion Stara Fara Svadov, 51 €/Doppelzimmer inkl. Frühstück). Der Herbergsvater hieß uns herzlich willkommen (er konnte sehr gut deutsch sprechen) und kümmerte sich bis zur Verabschiedung am nächsten Tag um unsere Zufriedenheit. So empfahl er uns für das Abendessen eine wenige Gehminuten entfernte Gaststätte („sieht ein bisschen komisch von außen aus, aber drinnen alles in Ordnung, Essen schmeckt, immer zufriedene Gäste“). Und tatsächlich: Ohne seinen Hinweis hätten wir dieses Haus nie betreten, waren dann aber überrascht, wie neu und gemütlich drinnen alles war – im Gegensatz zum sanierungsbedürftigen äußeren Erscheinungsbild. Die Bedienung war freundlich und flink, das Essen (Eisbein mit Kraut und Brot, Pizza, Suppe) war super! Und die Atmosphäre inmitten der Einheimischen authentisch.
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Die letzte Etappe unseres verlängerten Wochenendausfluges – etwa 35 km bis Schöna – sah den ersten Stopp in Velke Brezno am Schloss Velke Brezno (im Stil des Spätempires 1842 - 1845 errichtet, um 1900 im Renaissancestil umgebaut) vor. Hier spazierten wir durch die englische Parkanlage mit seltenen Bäumen und Sträuchern. Im Brückenrestaurant in Decin legten wir eine Trinkpause ein. Für das Deciner Schloss mit seinem 300 m langen Weg an der 7 m hohen Mauer „Langer Ritt“ und dem terrassenförmigen Barockgarten fehlte leider wieder die Zeit.
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Nun wechselten wir die Elbseiten: Auf unserer linkselbischen Weiterfahrt hatten wir eine großartige Sicht auf die Sandsteinfelsen der Böhmischen Schweiz entlang des rechten Elbufers. Kurz vor dem Grenzübergang nach Deutschland kehrten wir in in Dolny Zleb in das Restaurant „Dolny Grund“ mit Blick auf die Elbe ein (sehr empfehlenswert). Nun waren es noch 5 km bis Schöna, wo wir den 14.35-Uhr-Zug in Richtung Dresden bestiegen. Allerdings wären wir am liebsten noch weiter bis Pirna oder gar Dresden gefahren, denn die Strecke durch die Felsenwelt der Sächsischen Schweiz ist immer wieder überwältigend, wie wir bereits aus eigener Erfahrung wussten.
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Auf der Zugfahrt zogen wir Bilanz: Es war eine landschaftlich sehr reizvolle und abwechslungsreiche Radtour, die Erlebnispotential für ein bis zwei Tage mehr bot. So ergab das zur Verfügung stehende Zeitbudget Tagesetappen, die kaum Zeit für Besichtigungen ließen und teilweise eine körperliche Herausforderung bildeten, insbesondere die 85 km lange Strecke von Prag bis Racice. So nahm sich wohl jedes Paar vor, wenigstens den Elberadweg von Melnik bis Dresden nochmals zu befahren. Die Radwege in Tschechien sind sehr gut ausgebaut und beschildert, nur das Elberadwegslogo haben wir nirgends entdeckt. Die Tschechen sind herzlich und hilfsbereit, die Verständigung in deutscher oder englischer Sprache klappte gut. Und Prag ist ohnehin mehr als eine Reise wert – vielleicht schon in der diesjährigen Vorweihnachtszeit?!